Missa est
Geistliche Chormusik zur Fastenzeit

Den tragenden Rahmen dieses Programms bilden die fünf Teile der Missa I. super „Dixit Maria“ (1599) von Hans Leo Hassler. Da die Pflichtteile einer Messe im Gottesdienst üblicherweise von anderen, anlassgebundenen Texten ergänzt wurden, können mühelos die verschiedensten Kompositionen in diesen Rahmen eingefügt werden. Da Ostern sich nähert, haben wir Vertonungen von Texten zusammengestellt, die an das Ritual des Abendmahls erinnern. Zeitlich wird der Bogen weit gespannt: Sowohl die unmittelbaren Zeitgenossen Hasslers als auch Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts sind vertreten.
Die Gliederung des Programms um die Messteile lässt sich aber nicht nur durch die liturgische Praxis, sondern auch musikalisch rechtfertigen. Ein einzelnes Sogetto (seiner Motette Dixit Maria ad Angelum entnommen) kehrt zu Beginn eines jeden Abschnitts wieder, nur geringfügig variiert und dadurch stets mühelos identifizierbar wandert es jedesmal fugenartig durch alle Stimmen. Bedenkt man, dass Hassler in der Regel Einzelsätze komponierte, die dann in der Messe willkürlich kombiniert werden konnten, fällt die für die Epoche bemerkenswerte Einheit der Missa auf, die sich auch durch stilistisch so weit entfernte Kompositionen wie Anton Bruckners hochdramatische Motette Christus factus est (1884) nicht sprengen lässt. Doch bei aller Einheit der Konzeption ist die Kompositionstechnik Hasslers vielfältig. Imitatorische Abschnitte im vokalpolyphonen Stil Palestrinas wechseln mit Passagen schlichter Homophonie, in der die Textdeklamation im Vordergrund steht. Eintönigkeit wird durch rhythmische Verschiebungen einer Stimme entgegengesteuert (z.B. im Credo „qui propter nos homines“). Der vierstimmige Satz wird mit doppelchörigen Dialogsituationen kontrastiert (etwa im Gloria „Quoniam tu solus sanctus“ oder im Credo „Crucifixus“). Bemerkenswert sind auch plötzliche Wechsel in einen Dreiertakt, ein zeittypischer Ausdruck der Freude (am Schluss des Credo „Et vitam venturi saeculi“ sowie im Sanctus „Hosanna“).
Die Werke, die sich neben den Mess-Abschnitten einreihen, entsprechen in der Mehrzahl ihrem weihevollen Gestus. So ist Bruckners frühe Motette Dextera Domini (1844) ein zartes und introvertiertes Stück voll romantischen Gefühls, ganz anders als die Komposition seiner Reifejahre Christus factus est, in der Melos und Harmonik eindrucksvoll miteinander ringen. Albert de Klerks Pater noster (1976) erweist sich als gemäßigt moderner Satz, der in den Kadenzen teilweise mit Wendungen spielt, die dem frühen Bruckner nicht ganz fremd gewesen wären. Heinrich Schütz war ein Zeitgenosse Hasslers, ebenso wie Tomás Luis de Victoria, alle drei wurden in Italien ausgebildet. Victorias‘ Vertonung des Hymnus Pange lingua „more hispano“ (1581) verarbeitet die spanische Choralmelodie in allen Stimmen, wir ergänzen dieses Werk durch Maurice Duruflés Tantum ergo (1960), das die letzten beiden Strophen desselben Hymnus auf die gleiche Art vertont (auf Grundlage der römischen Melodie). Wie Tantum ergo gehört auch Ubi caritas zu Duruflés Quatre motets sur des thèmes grégoriens pour chœur a capella op. 10, die bewusst in die Vergangenheit verweisen und so geeignet sind, den Kreis zu schließen.
Programm
Introitus - Heinrich Schütz (1585 - 1672)
„Deus misereatur nostri“
Kyrie und Gloria - Hans-Leo Hassler (1564 - 1612)
aus der Missa super "Dixit Maria"
Graduale - Anton Bruckner (1824 - 1896)
„Christus factus est“
Credo - Hans-Leo Hassler (1564 - 1612)
aus der Missa super "Dixit Maria"
Offertorium - Anton Bruckner (1824 - 1896)
„Dextera Domini“
Offertorium - Hans-Leo Hassler (1564 - 1612)
aus der Missa super "Dixit Maria"
Pater Noster und Communio - Albert de Klerk (1917 - 1998)
„Dominus Jesus“
Hymnus - Tomás Luis de Victoria (1548 - 1611)
Himno Pange Lingua "More Hispano" de Corporis Christi
Hymnus und Complet - Maurice Duruflé (1902 - 1986)
„Tantum ergo“ (No. 4 aus „Quatre Motets sur des thèmes grégoriens“)
„Ubi caritas“ (No. 1 aus „Quatre Motets sur des thèmes grégoriens“)
Konzerte
3. März 2007
19:00 Uhr
Heilig-Kreuz-Kirche
Hildegardstr. 3a
10715 Berlin (Wilmersdorf)
4. März 2007
17:00 Uhr
Dorfkirche Stahnsdorf
14532 Stahnsdorf